Sozialökologie ist das Zukunftsfeld der Linken

Grüne werden wahrgenommen als Ökologen. Das Zukunftsfeld der Linken ist die Sozialökologie. Es geht um Arbeitsplätze in vielen Genossenschaften und weiteren kleinen und mittelständischen Unternehmen bei guten Löhnen in sozialer Sicherheit: Beim Aufbau und Betreiben von Windrädern und Photovoltaik, bei Stromspeichern und Trassen, beim Betrieb von Stromtankstellen. Es geht um Gesundheit und Lebensqualität und um regionale Wertschöpfung, die das landwirtschaftlich geprägte Schleswig-Holstein (SH) vom „verlängerten Wurmfortsatz der Hamburger Lombardbrücke“ zum modernen Industrieland macht. Dafür steht das Sozialökologische Bündnis Plön und u.U. auch DIE LINKE-SH. Dazu sechs Punkte:

1: Jede Energiewende wurde bisher durch staatliche Subventionen gestützt, z.B. die Wende von der Kohle zur Atomkraft. Die von der Bundesregierung Schröder-Fischer eingeleitete Energiewende zur Solar- und Windenergie wird dagegen über die EEG-Zulage unmittelbar von uns Konsumenten finanziert. Eine Finanzierung der erforderlichen Investitionen über Steuern ist sozial gerechter als eine Finanzierung über den Strompreis. Grüne und SPD brockten uns das ein, während die  Zukunft der Linken in der Wahrnehmung des Sozialen im ökologischen Umbau liegt: in der Sozialökologie.

2: Mehr als eine halbe Million Stromabschaltungen im Jahr, weil viele Einkommensschwache die teilweise dreistelligen Nachforderungen der Stromversorger am Jahresende nicht bezahlen können. Hinzu kommen weitere soziale Ungerechtigkeiten: Zehnmal so viele Menschen als im Straßenverkehr sterben durch den Feinstaub.  Heat or eat (heizen oder essen) – diese schlimme aus England stammende Alternative gilt für immer mehr Arme auch in Deutschland. Jeden Sommer sterben in Berlin durchschnittlich 1600 Menschen vorzeitig den Hitzetod: Kleinkinder, Greise und Menschen mittleren Alters, deren Kreislauf schon durch eine andre Erkrankung geschwächt ist. Kiel zählt zu den am stärksten durch Stickstoffdioxyd belasteten Städten Deutschlands – vor allem an den am höchsten belasteten Straßen sind die Mieten relativ moderat, hier wohnen die Einkommensschwachen und bezahlen dafür möglicherweise mit ihrem Leben. Das von einem grünen Bürgermeister regierte Stuttgart wird ab Januar temporäre Fahrverbote für Dieselautos verhängen – in SH sind wir davon weit entfernt. Das gibt der Elektromobilisierung Schwung.

3: Gegenwärtig tobt ein heftiger Kampf um die Energiewende. Jeder AKW-Betreiber kassiert eine Million Euro für den Betrieb jedes einzelnen AKW – pro Tag! Um ihre Pfründe zu wahren, wollen die Atom- und Kohlekonzerne den weiteren Ausbau der Erneuerbaren deckeln. Mit hunderten Millionen Euro finanzieren sie ihre Kampagnen. Dabei setzen sie vor allem bei Windrädern an. Ihr Einfluss auf die Politik ist so groß, dass CDU und leider auch ein Teil der Linken sich vor den Karren von E.on, RWE & Co spannen und so  große Abstände fordern, dass die Windkraft in SH faktisch zum Erliegen käme.

4: Der Widerstand gegen Windräder ist dort groß, wo externe Rentenfonds mit Windenergieanlagen Profit machen und die Wertschöpfung aus der Region abfließt. Wenn die BürgerInnen vor Ort direkt beteiligt werden, vor allem über Energiegenossenschaften, gibt es kaum Widerstand. Noch stärkere Zustimmung besteht in der sächsischen Kleinstadt Zschadraß, wo ein durch eine Bürgerstiftung betriebenes Windrad die Elternbeiträge zum Kindergarten und das Mittagessen von SchülerInnen aus einkommensschwachen Familien finanziert.

5: Es ist eine große, von den Konzernen in die Welt gesetzte Lüge, dass die Erneuerbaren schuld an den ständig steigenden Energiepreisen sind. Das Gegenteil ist der Fall: In vielen Fällen können die Erneuerbaren – Windkraft an Land und Photovoltaik – mit den Gestehungskosten für Kohle- und Gaskraftwerke bereits mithalten. Atom- und Kohlekraftwerke werden mit 49 Milliarden Euro subventioniert, im Vergleich dazu erscheint die EEG-Umlage als Peanut. Die Erneuerbaren wären heut schon im klaren Vorteil, würden die Umweltschäden als CO2-Steuer in den Strompreis einfließen, z.B. das von Kohlekraftwerken in die Luft gestoßene CO2. Die Bevölkerung zahlt die Umweltschäden real, z.B. als Krankenkassenbeiträge, die infolge der CO2-bedingten Erkrankungen steigen. Infolge der staatlichen Subventionen haben wir an der Leipziger Strombörse ein permanentes Stromüberangebot und dadurch einen durchschnittlichen Strompreis unter drei Ct/kWh. Die Stromhändler kassieren von uns Stromkunden mehr als das Doppelte und behalten die Differenz ein. Das nenne ich Betrug.

(Einschub: Der Umweltwissenschaftler vom Wuppertal-Institut und GRÜNE Stadtrat von Osnabrück Dr. Michael Kopatz, der zwei Publikationen zur Energiearmut herausgab,  offenbarte in einer SWR-Radiosendung sein Unverständnis für eine sozialökologische Politik, welche die Energieversorger verpflichtet, aus deren viel zu hohen Profiten ihre einkommensschwachen Kundinnen gesondert zu unterstützen, wenn diese die Nachzahlungen nicht stemmen können: „Ein Supermarkt verkauft ja auch kein Brot, wenn der Kunde nicht bezahlt. Muss der Kunde zur Tafel gehen oder irgendwas anderes tun. Warum soll ein Energieversorger das machen?“)

6: Vor allem die regionale Wertschöpfung durch Wind- und Solarenergie sollte der LINKEN Aufwind geben. Die Niederlande machten es uns vor: Groenlinks konnte die Zahl seiner Sitze von 4 auf 14 steigern. Auch Jean-Luc Mélenchon punktete mit einem sozialökologischen Programm: von 10 % Mitte März kletterten seine Zustimmungswerte auf 19,6 % in der ersten Präsidentschaftswahlrunde. Die deutsche Linke konnte diesen Trend leider nicht nutzen: an der Saar, in NRW und auch nicht in SH.