Energiegemeinschaften machen Klimaschutz zum Gewinnerthema

Vorbemerkung: Dies ist ein Überblick zu unserem dreiteiligen PowerPoint-Vortrag. Jeder Teil ist auf ca. 60 Minuten Vortrag mit anschließender Diskussion konzipiert. Auf Anforderung werden wir die Dateien in PDF-Form gerne per Mail übersenden. Wir sind auch gerne bereit, die Vorträge vor Ort zu halten:

hajueschulze43@gmail.com

 

 

Auf der ersten Folie erscheint das Bild eines kleinen Mädchens, das Sterne aufsammelt – Sterntaler, die wir auch als Solarzellen betrachten können. Zur Einführung ins Thema:

„Die Sterntaler“ – mehr als nur ein Märchen

 

These: Klimapolitik kann zum Gewinnerthema werden

„Viele sind von der Klimapolitik genervt, wenn diese kleine Geldbeutel belastet, statt etwa den Nahverkehr zu verbessern“ (Fabio de Masi).

„Klimaschutz findet dann Akzeptanz, wenn es zu einem Gewinnerthema wird, wenn es den Alltag der Menschen verbessert, weil Bahn- und Busfahren komfortabel ist, weil Elektroautos bezahlbar sind und Spaß machen, weil energieeffiziente Gebäude die Heizkosten schmälern, weil selbst eingespeister Solarstrom vom Hausdach das Einkommen aufbessern, weil Klimainvestitionen neue Jobs schaffen und Karrieren ermöglichen. Zeigefinger, CO₂-Preis-Abzocke und ein Klima-Almosen aber sind das Gegenteil!“ (Maurice Höfgen, Berliner Zeitung, 2.4.24).

Machen wir die Dekarbonisierung zu einem Projekt, wie es in den USA einst die Mondlandung war! Heißt: Sie in der politischen Debatte konsequent positiv zu besetzen und zu Lasten der Hochrüstung mit der nötigen Finanzkraft auszustatten. Regeln lockern, so dass Staat, Bürger und Unternehmen die notwendigen Maßnahmen umsetzen, das Kapital bereitstellen und die Menschen vor Ort an den Erträgen der Wind- und Solarparks beteiligt werden.

Im ersten Teil dieses Vortrags zeigen wir: Eine emissionsfreie Welt binnen weniger Jahre ist möglich, wenn wir es wirklich wollen.

Treiber der Entwicklung sind exponentiell fallende Kosten bei Solaranlagen, Windrädern, Speichern, E-Autos, Sensoren und Massendaten. Sie ergänzen und beschleunigen sich gegenseitig in der Dynamik der Marktdurchsetzung. Getrennte Technologien konvergieren und ermöglichen neue Geschäftsmodelle. Letztere sind dabei wichtiger als Technologien.

Das erste auf den Massenmarkt zielende Smartphone wurde Anfang 2007 von Steve Jobs mit den Worten „We call it I-Phone“ präsentiert. Es hat die Funktionen von Mobiltelefon, Laptop, Fotoapparat, Navi und tragbarem Musikgerät verknüpft und wurde über einen Vertrag mit monatlichen Zahlungen angeboten. Nicht einmal 10 Jahre später hatte fast jeder ein Smartphone. Das zeigt, wie schnell der Weg von 0 auf fast 100% Marktdurchdringung sein kann, wenn ein Angebot auf die Verbraucher zugeschnitten wird.

Weitere Beispiele:

  1. Das Straßenbild auf der New Yorker 5th Avenue verändert sich total: 1900: 100 Pferdekutschen, 1 Auto. 1913: 100 Autos, 1 Pferdekutsche.
  2. Preisentwicklung von Solarmodulen, Speichern und E-Autos. So ist der E-Kleinwagen „Seagull“ von BYD für 8.900 € (Grundausstattung) auf dem chinesischen Markt zu haben.
  3. Disruption bei Computern: Autonome Taxis in San Francisco. Taxifahrten für 6 Cent/km werden prognostiziert – Bestand privater Kfz wird rapide sinken.

Antithese: Frustrierende Debatte am Beispiel des widersprüchlichen Nationalen Energie- und Klimaplans der Ampelregierung

Die Transformation zum neuen Energiesystem ist geprägt von Systemkonflikten, die die Dynamik der Energiewende schwächen. Fossillobby, FDP und rechte Parteien nutzen das weidlich aus. So beschloss die Ampel entgegen dem Votum des Klima-Expertenrats auf FDP-Druck eine KSG-Reform und verlangsamt dadurch die CO2 -Absenkung im Verkehrssektor. Das kommt uns noch teuer zu stehen. Neuestes Vorhaben der FDP: Sie will das Klimageld streichen.

Weitere Beispiele sind Dispute um den Ausbau der Stromnetze anstatt des Einsatzes von Speichern oder die Entgelt-Debatte  im Rahmen der solaren Eigenerzeugung. Auch die mangelnde Akzeptanz als Resultat der Missachtung lokaler Wertschöpfungspotenziale zeugt von der Antiquiertheit der fossilen Denkweise.

Erneuerbare Energien fluktuieren, sodass die Energieerzeugung immer volatiler wird. Weil die Brennstoffkosten entfallen und die Sonne keine Rechnung schickt, erfolgt die Produktion zunehmend zu Grenzkosten nahe Null. Doch die Preisbildungsmechanismen des alten Systems existieren immer noch. Daher tendieren die Strompreise im Großhandel immer öfter gegen Null und gefährden die Refinanzierung der Erneuerbaren: Der Anreiz für Investitionen in klimafreundliche Technologien wird immer geringer.

Das BVerfG macht Druck und widerspricht sich selbst

2019 entstand unter dem Druck von FFF ein lasches Klimaschutzgesetz.

Mitglieder von FFF klagten dagegen. Mit seinem Urteil vom 29.4.2021  zum KSG justierte das BVerfG die Balance des energiepolitischen Dreiecks (Wirtschaftlichkeit – Versorgungssicherheit – Nachhaltigkeit) neu:

Aus Art. 20a GG resultiert, dass der Staat „in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen“ hat, vor allem die vom Klimawandel betroffenen, verfassungsrechtlich unantastbaren Grundrechte  –  konkreter: Leben und Gesundheit (Art. 2 GG) sowie die Eigentumsgefahren (Art. 14 Abs. 1 GG).

Laut Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) betrug 2020 das der BRD für das 1,5°-Ziel des Pariser Abkommens zustehende CO2-Rest-budget 6,7 Gigatonnen. 2019 betrugen die Emissionen ca. 0,8 Gt.

„Aus dem Gebot der Verhältnismäßigkeit folgt, dass nicht einer Generation zugestanden werden darf, unter vergleichsweise milder Reduktionslast große Teile des CO2-Budgets zu verbrauchen, wenn damit zugleich den nachfolgenden Generationen eine (…) radikale Reduktionslast überlassen und deren Leben schwerwiegenden Freiheitseinbußen ausgesetzt würde.“ Das BVerfG widerspricht sich selbst:

Sogar bei Investitionen ist die „Schuldenbremse“ einzuhalten. Siehe BVerfG-Urteil vom 16.11.2023 zum Klima- und Transformationsfonds.

Weitere Folien:

Die PV-Zubaupläne der Ampel sind viel zu lasch

Zum Fachkräftemangel: ENPAL zeigt, wie es geht

Windkrise als Zeichen des Systemversagens

PV-Zubauziele brauchen Speicher und Flexibilitäten

Das konventionelle Stromnetz wird zur Belastung

Dezentraler Wasserstoff als idealer Speicher im Winter

Synthese: Energiegemeinschaften stabilisieren das Stromnetz und machen Klimaschutz zum Gewinnerthema

Drei Ebenen des erneuerbaren Energiesystems

Internationale Ebene: Wenn an einem Ort Dunkelflaute herrscht, scheint anderswo in Europa die Sonne und/oder der Wind weht.

Nationale Ebene:  Die Volatilität der Erneuerbaren bewirkt eine massive Komplexitätszunahme. Dies überfordert das alte System.

Die dritte Ebene, die Vor-Ort-Versorgung, löst das Komplexitätsproblem, indem sie relativ losgelöst vom nationalen Netz  gemeinschaftliche Energieversorgung organisiert – zwischen privat genutzten Einzelgebäuden und innerhalb von Mehrfamilienhäusern (Mieterstrom), Quartieren, Industrieliegenschaften, Gewerbegebieten und, vom Stadtwerk organisiert, in der ganzen Kommune.

Alle drei Ebenen werden benötigt, um den Umbau des Energiesystems schnell umzusetzen, dessen breite Verankerung sicherzustellen, alle Investitionspotenziale zu erschließen und sämtliche Potenziale für die Nutzung und Energieeffizienz zu aktivieren.

Warum wir nicht für Insel-Lösungen plädieren

Rund 47% der Gebäude in Deutschland sind Ein- und Zweifamilienhäuser. Mit einer  PV-Anlage in Kombination mit einem Speicher lässt sich volle Energie-Autarkie (d.h. ohne Netzanschluss) auch in langen Wintermonaten herstellen, in denen die Wärmepumpe Strom zieht: klimaneutral dank grünem Wasserstoff in Verbindung mit einer Brennstoffzelle, produziert mit eigenem Solarstrom . Doch das ist nichts für kleine und mittlere Einkommen und hat einen weiteren Haken: Insellösungen genießen nicht die Vorteile der gemeinschaftlichen Energieversorgung.

Gemeinschaftliche Vor-Ort-Versorgung: auch für Mieter attraktiv

50% der Häuser werden eine PV-Anlage tragen. Dieses Bild lässt die Vielfalt an Möglichkeiten der Verbreitung von EE-Strom auf die ganze Stadt erahnen. Das gilt besonders für die Kopplung von Wärmeversorgung und Mobilität. Peer-to-Peer-Handel bezeichnet ein vor wenigen Jahren im Rahmen von Blockchaintechnologien entwickeltes Konzept, das miteinander verbundenen Marktakteuren einen direkten Zugang zueinander verschafft, sodass für Stromlieferungen keine Zwischeninstanzen (Energieversorger, Börse) mehr erforderlich sind. Vielmehr stellt ein Peer-to-Peer-Computernetzwerk die automatische Verbindung zwischen den Endkunden her: Aktuelle Stromüberschüsse werden binnen Tausendstelsekunden dorthin geleitet, wo sie benötigt werden. Netz-Investition pro Prosumer ca. 2.000 €.

Weitere Folien:

Teilhabe und lokale Wertschöpfung sind der Schlüssel zum Erfolg

Zur Lenkungswirkung der CO2-Abgabe

Reformierte Entgeltsystematik fördert Vernetzung der Zellen

Partizipation braucht aktive Bürger. Aktive Bürger brauchen Partizipation.

Das Plöner Energieversorgungsmodell des SÖBP.