Sozialökologischer Umbau: Grundlagen, Teil 1 Physikalischer Aspekt

Im Juli 2016 ermittelte die NASA in der besonders reinen Luft des 4170 Meter hohen Vulkans Mauna Loa auf Hawaii eine Kohlendioxid-Konzentration von 403,99 ppm (parts per million, Teile pro Million). 2015 lag sie noch bei 400,90, 2014 bei 398,63, 2006 bei 381,82 ppm. 1958 waren es 318, in vorindustrieller Zeit, 1750, dagegen 278 ppm, wie wir aus der Analyse von Eisbohrkernen wissen.  Diese Messreihe zeigt einen sich seit der Mitte des 20. Jahrhunderts stark beschleunigenden Zuwachs der CO2-Konzentration. Er  beträgt gegenwärtig 3 ppm pro Jahr. Das Klima kippt – nicht erst irgendwann, sondern jetzt!

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CO2 und die weiteren Spurengase Methan, Lachgas und F-Gase machen in ihrer natürlichen Konzentration nur drei Promille der Atmosphäre unsres Planeten aus, in der Summe ca. 3000 ppm. Zusammen mit dem in der Atmosphäre enthaltenen Wasserdampf bewirken sie, dass ein Teil der von der Erdoberfläche abgestrahlten langwelligen Wärme nicht in den Weltraum entweicht, sondern auf die Oberfläche zurückgeworfen wird. Daher beträgt die durchschnittliche natürliche Oberflächentemperatur ca. +15 °C  statt unwirtlichen  -18 °C.

Erhöht sich die Spurengaskonzentration, steigt die Wärmerückstrahlung und mit ihr die Durchschnittstemperatur. CO2 ist der Hauptverursacher des anthropogenen (von Menschen bewirkten) Treibhauseffekts. Hauptquelle seines Anstiegs ist der mit der Industrialisierung „organisch“ verbundene Verbrauch fossiler Treib- und Brennstoffe – im 19. Jahrhundert Kohle, danach bis in die Gegenwart zusätzlich Erdöl und Erdgas. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts wächst die CO2-Konzentration immer schneller. Bei ungebremstem Wachstum würde sie sich bis zum Ende des Jahrhunderts auf über 800 ppm verdreifachen, wodurch die Durchschnittstemperatur um 5 °C auf 20 °C anstiege. Dem Laien mag das vielleicht unbedeutend erscheinen. Wenn wir aber bedenken, dass die gegenwärtige CO2-Konzentration „nur“ zu einem Anstieg um ca. 1°C gegenüber 1750 führte (in einzelnen Regionen, z.B. in Afrika und der Arktis, beträgt der Anstieg bereits bis zu 6 °C), und die scheinbar so geringe 1°-Steigerung in Berlin laut einem von mehreren Universitäten erarbeiteten Forschungsbericht („Stadtklima und Hitzestress“) im Schnitt 1.600 Hitzetote p.a. bewirkt (siehe http://digitalpresent.tagesspiegel.de/grosswetterklage ), und heute schon bei Sommertemperaturen bis zu 50°C Millionen Klimaflüchtlinge aus Afrika und dem Nahen Osten in kühlere Regionen drängen, wird das Erfordernis unabweisbar, unverzüglich zu handeln.

 Erschwerend wirkt sich eine Besonderheit des Klimawandels aus: Ursache und Wirkung fallen zeitlich auseinander. Jeder Anstieg der Spurengaskonzentration in der Atmosphäre schlägt sich infolge der Trägheit der Biosphäre erst nach dreißig oder vierzig Jahren voll in der globalen Oberflächentemperatur nieder. Lernprozesse der Menschheit sind wie auch sonst in der belebten Natur im Allgemeinen erst NACH Eintreten relevanter Ereignisse zu beobachten. Wie aber sollen wir HEUTE auf Ereignisse re-agieren, die zwar schon keimhaft erkennbar sind (z.B. das Abschmelzen der Eismassen oder das Abtauen der Permafrostböden), deren volle Wucht sich erst in mehreren Jahrzehnten zeigen wird?

 

Den weiteren Temperaturanstieg unverzüglich eindämmen!

Um den Klimawandel trotz aller bisher bereits eingetretenen Katastrophen auf einem halbwegs noch erträglichen Niveau einzudämmen, ist es erforderlich, den globalen Temperaturanstieg auf unter 2 °C, möglichst auf 1,5 °C zu beschränken. So haben es 195 Staaten auf der Pariser Klimakonferenz im Dezember 2015 beschlossen. Die Obergrenze für 1,5 °C wäre 420 ppm und könnte bereits in fünf Jahren überschritten sein. Allerdings ist dabei das periodisch auftretende Naturphänomen „El Niño“ zu beachten, das mit zu der enormen Steigerung der globalen Durchschnittstemperatur während der letzten Jahre beigetragen hat. Vermutlich wird nach Abklingen dieses Phänomens einige Jahre sowohl der Temperatur-, als auch der Treibhausgasanstieg geringer ausfallen oder sogar stagnieren. Das würde aber an der Grundtendenz nichts ändern. Um das 1,5 °-Ziel einzuhalten, müsste CO2 trotz des Zeitaufschubs in großem Maßstab künstlich eingefangen und in den Boden verpresst werden (CCS oder BECCS). Analog dazu soll CO2 aus Kohlekraftwerken direkt eingefangen und ebenfalls im Boden abgelagert werden. Derlei Technologien, die der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) und dessen Vorsitzender Joachim Schellnhuber favorisieren, sind hoch riskant, überaus teuer (mit anderen Worten: wären für Konzerne hoch profitabel) und werden mit Recht von vielen Bürgerinitiativen u.a. wegen der hohen Wahrscheinlichkeit einer Versauerung des Grundwassers abgelehnt. In mittelfristiger Sicht bietet sich eine seit langem bekannte agrarökologische Anbauweise zur Bindung des CO2 an, zum Beispiel durch Aufforstung und Renaturierung von Mooren. Dieser Entwicklungspfad sollte unbedingt beschritten werden. (Näheres dazu in Kürze.) Das bisher vom Weltklimarat IPCC propagierte Ziel eines 2 °C-Anstiegs gegenüber dem vorindustriellen Niveau (auf maximal 450 ppm) ist ohnehin nur bei allergrößter Anstrengung zu erreichen. Nach Ansicht des IPCC wird nach  Überschreiten dieser Marke eine Reihe von „Kipppunkten“ angestoßen, wodurch sich der weitere Temperaturanstieg automatisieren würde. Zu ihnen zählt z.B. die massenhafte Freisetzung von Methan in den abtauenden Permafrostböden.

Angenommen, es gelingt, die Dynamik des CO2-Zuwachses zu stoppen: Unter Berücksichtigung des El-Niño-Phänomens wäre der kritische Punkt von 450 ppm ungefähr zwischen 2036 und 2040 überschritten! Es wäre möglich, den Anstieg abzuschwächen, z.B. durch konsequenten Ausstieg aus der Kohleverbrennung. Jedoch verzögert die Bundesregierung die Energiewende zugunsten der extrem klimaschädlichen Braunkohle unter Propagierung von CCS bzw. BECCS, sodass 100% Erneuerbare in Deutschland erst im Jahr 2150 erreicht würden.

 

Unser Lösungsvorschlag:

Anzustreben ist, auf unserm Planeten bis 2040 die Klimaneutralität bei einer Spitze von 450 ppm CO2 ohne CCS und BECCS zu verwirklichen. Das gilt auch für Deutschland, Schleswig-Holstein und den Kreis Plön.

(Fortsetzung folgt)