Kosten und Erlöse einer durchschnittlichen Windenergieanlage

Die Bundesnetzagentur hat das Mindestgebot für die Ausschreibungen für Windenergieanlagen (WEA) von 5 Ct auf 6,3 Ct/kWh erhöht:

 http://www.klimaretter.info/energie/hintergrund/24002-netzagentur-korrigiert-wind-ausschreibung

Damit wird es Bürgerenergiegenossenschaften möglich, sich unter günstigen Umständen an Ausschreibungsverfahren für neue Anlagen zu beteiligen. Zur Erläuterung hab ich die verfügbaren Angaben über die Betriebskosten eines Windparks nahe Wien auf eine einzelne WEA heruntergerechnet.

In diesem Beispiel, das dem allgemeinen Durchschnitt entspricht, betragen die Aufwendungen 7,26 Cent pro Kilowattstunde. Durch technologischen Fortschritt und an windgünstigen Orten können die Aufwendungen unter 6,3 Cent sinken. Daher ist die Korrektur der Ausschreibungsmodalitäten aus unsrer Sicht zunächst zu begrüßen, auch wenn wir grundsätzlich im Interesse vieler Bürgerenergiegenossenschaften und fairer Stromproduktionsbedingungen im Durchsetzungskonflikt mit zahlungskräftigen Stromkonzernen und Pensionsfonds die Abschaffung aller Ausschreibungen fordern.

Hansjürgen Schulze, Betriebswirt (grad.) und Diplom-Pädagoge

 

2,3 MW-Windenergieanlage Enercon E82, Großhofen bei Wien, erbaut 2011

Investition:                                                                 Erlöse:

Planung:                              75.000 €                          Kapazität der WEA:                                   2.300 kWp

Anlage:                            3.116.666 €                          Volllast (bei 8.760 Std. p.a.):                   2.285 Std

Infrastruktur:                  475.000 €                           Leistung p.a.: 2.300 x 2.285 =          5.255.500 kWh

Gesamt:                         3.666.666 €                           381.706 €/5.255.500 kWh =           0,0726 €/kWh

– 80% Kredit:                  2.933.333 €                         EEX-Strompreis 2016                    0,029   €/kWh

   Aufwendungen pro Jahr:                               Einnahmen (5.255.500 kWh à 0,029 €) 152.410 €

Reparaturen:                     23.333 €                            Aufwendungen                                            381.706 €

Wartung:                            25.000 €                           Verlust im Jahr 2016                                 – 229.296 €

Versicherungen:                17.167 €                             (Dt. Haushaltsstromkunden zahlten 0,0611 €/kWh)

Pacht:                                 25.000 €

Stromeigenbedarf            28.333 €

techn.Überwachg.            26.666 €

Rückbau (Rückstellg)        8.600 €                            Gesamtrechnung:

AfA linear 20 Jahre        183.333 €                            Direktverkauf an der Börse (2,9 Ct/kWh)     152.410 €

Aufwendg. pro Jahr:      337.432 €                            rechnerische Ausgleichszahlung durch EEG

Zinsen 4% Σ 885.471                                                   (7,26 Ct abzügl. 2,9 Ct = 4,36 Ct/kWh)             229.296 €

Laufzeit 13 Jahre                                                          Erlöse insgesamt  0,726 /kWh                             381.706 €

………                                                                                    abzüglich Aufwendungen                                      381.706 €

Zinsen p.a. (20 Jahre)      44.274 €


Gesamtaufwendg.    381.706 €                        Gewinn/Verlust                                                             0 €

Zur Erläuterung: Das Objekt (ein Windpark von 6 WEA) liegt in Österreich. Ich hab die Zahlen linear auf eine einzelne WEA in Deutschland heruntergerechnet. Dabei entspricht die reale Ausgleichszahlung durch das EEG der Differenz zwischen vereinbarter EEG-Umlage und dem Erlös an der Strombörse. Mir ist jedoch die Höhe der ursprünglich für die Dauer von 20 Jahren vereinbarten Förderung unbekannt. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist sie so hoch anzusiedeln, dass ein mehr oder minder deutlicher Überschuss herauskommt. Trotz dieser Unwägbarkeit halte ich diese Kalkulation für eine geeignete Basis für das Verständnis der Debatte über Sinn und Unsinn der letzten beiden EEG-Novellen.

Was bedeutet es, wenn ab dem Jahr 2020 die ersten Förderungen für Windräder auslaufen? In obigem Beispiel fallen nach 20 Jahren Zinsen und Abschreibungen weg. Die Betriebskosten würden sich auf 154.099 € reduzieren und lägen dann in etwa im Bereich der nicht mehr geförderten Erlöse. Einerseits steigt jedoch der Erhaltungsaufwand. Zudem ist der Börsenstrompreis keine feste Größe: Bei einem weiter sinkenden Strompreis an der Leipziger EEX, der sich tendenziell der 2,5-Cent-Marke für die Kilowattstunde annähert, wird es ohne EEG-Förderung eng für die betroffenen Anlagen. Auch wenn diese noch weiter laufen könnten – sie werden wohl wegen drohender Insolvenz dicht machen. Der im Vergleich zu den Stromherstellungskosten viel zu niedrige Strompreis – wir privaten Stromkunden zahlen mehr als das Zehnfache! – ist einer erheblichen Überproduktion geschuldet: Nach wie vor wird Atom- und Kohlestrom produziert und über die Leipziger Börse meistens ins Ausland exportiert. Dadurch sind nicht nur die Stromleitungen blockiert. Wenn ein starker Wind weht und die Sonne intensiv scheint, steigt die Stromproduktion erheblich, und der Strompreis sinkt gemäß dem Prinzip von Angebot und Nachfrage. Das führt immer häufiger dazu, dass der Strompreis ins Negative rutscht, d.h., dass die Stromproduzenten sogar noch Geld dafür zahlen müssen, dass ihnen jemand ihren Strom abnimmt. Das ist eine unmittelbare Wirkung des Erfolgs der Erneuerbaren unter Marktbedingungen: Solange weder Atom- noch Kohlemeiler vom Netz gehen, sinkt der Börsenstrompreis und die EEG-Umlage steigt entsprechend.  Hier ein weiteres Beispiel für die verheerende Wirkung: Gasturbinen sind zwar auch umweltschädlich, doch sie produzieren nur etwa die Hälfte der aus Braunkohle stammenden CO2-Mengen. Gasturbinen sind derzeit noch wichtig, weil sie sich technisch am schnellsten bei Bedarf herauf und herunter fahren lassen. Aber ihr Betrieb ist teurer als der Betrieb von Braunkohlemeilern. Durch den „Merrit Order-Effekt“ werden die jeweils teuersten Stromträger als erste vom Netz genommen. Für die mit reichen Erdgasvorkommen gesegneten Niederlande bedeutet dies, dass deutscher Kohlestrom die einheimischen Gaskraftwerke bereits reihenweise in die Insolvenz getrieben hat. Aus gutem Grund lehnen wir die Forderung von FDP und Wirtschaftsflügeln von Union und SPD ab, die Erneuerbaren künftig dem „freien Spiel der Kräfte“ auf dem Strommarkt zu unterwerfen.