„T-20“: Führende Think Tanks bereiten den Hamburger G 20-Gipfel vor

Das markante Gebäude am Berliner Schlossplatz mit dem Balkon des einstigen Schlosses über dem Haupteingang, auf dem Karl Liebknecht am 9. November 1918 die sozialistische Republik ausgerufen hatte, war Sitz des DDR-Staatsrats und der Bundesregierung (1999-2001). Heute beherbergt es die European School of Management and Technology. Damit die soziale Auslese funktioniert, müssen – im Unterschied zur DDR – die Absolventen für ihr einjähriges MBA-Studium 50.000 Euro an Gebühren berappen.

In diesen geschichtsträchtigen Räumen bereitet am heutigen 29. Mai und morgen „Think 20“ (T-20), ein Netzwerk aus renommierten Denkfabriken und Forschungsinstituten aus vielen G 20-Ländern den diesjährigen Hamburger G 20-Gipfel vor. Unter den TeilnehmerInnen aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft, internationalen Organisationen und zivilgesellschaftlichen Gruppen haben sich auch vier Nobelpreisträger aus den USA eingestellt: George Akerlof, Edmund Phelps, Michael Spence und Joseph Stiglitz. Den Vorsitz teilen sich der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft Dennis J. Snower und der Vorsitzende des am Sitz des IPCC in Bonn beheimateten Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik Dirk Messner. Schon im Vorfeld füllten über vierzig konkrete Politikvorschläge die neue Plattform http://www.g20-insights.org/; letztere soll über den G20-Gipfel hinaus Bestand haben. Zu den Themenschwerpunkten zählen in erster Linie die Digitalisierung und der Klimawandel (Ausweitung von Emissionshandelssystemen und Abbau von Subventionen für fossile Brennstoffe), nachhaltige Entwicklung, Migration, Bekämpfung von Armut und Hunger sowie Stabilität der Finanzmärkte.

Unabhängig von Tagesgeschehen und machtpolitischem Druck sollen die TeilnehmerInnen ihre Vorschläge entwickeln. Wie dem Themenspektrum zu entnehmen ist, steht erstmals in der Geschichte der G-20 nicht mehr fast ausschließlich die Wirtschaft im Zentrum. Markante Entwicklungen des letzten Jahres – Brexit und die US-Präsidentschaftswahl – mit ihren wachsenden sozialen Ungleichheiten samt fortschreitender Zersetzung der Gesellschaften ließen sowohl die soziale Gerechtigkeit, als auch den Umgang mit der Natur ins Rampenlicht treten: Die Menschen fühlen sich entmächtigt, sie haben z.B. Angst, dass ihre Jobs künftig durch Roboter im Rahmen der Digitalisierung übernommen werden. Sie sollen daher befähigt werden, mit derlei Bedrohungen umzugehen. Da sind Visionen gefragt. Ein weiteres, damit zusammenhängendes Thema sind die Cyber-Bedrohungen: Viele Krankenhäuser könnten lahmgelegt werden oder auch die Energie- und Finanzsysteme.

Allerdings ist noch längst nicht sicher, dass die erarbeiteten Vorschläge in Hamburg eine tragende Rolle spielen werden. Entsprechende Zweifel bekamen durch den Verlauf des „G 6+1“-Treffens im sizilianischen Taormina neue Nahrung. Böse Zungen behaupteten möglicherweise mit Recht, Kanzlerin Merkel sei Trumps Drohung, aus dem Pariser COP-21-Abkommen auszusteigen, ein insgeheim willkommener Anlass gewesen, von ihrem eigenen Desaster – z.B. dem klaren Verfehlen der Emissionsminderung von vierzig Prozent im Jahr 2020 – abzulenken. Aufhalten lassen sich konstruktive Maßnahmen zur Bewältigung der globalen Herausforderungen auf Dauer immer weniger. Das zeigt nicht zuletzt die Ernsthaftigkeit, mit der inzwischen auch relevante Kreise aus der Wirtschaft dem Klimawandel zu begegnen suchen, z.B. durch Rücknahme ihrer Investitionen in die Braunkohleförderung.

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Siehe auch das folgende Video: