Bildung für nachhaltige Entwicklung braucht EINE SCHULE FÜR ALLE

„‚No one leave behind‘ – niemand darf auf der spannenden Reise in die Zukunft zurückbleiben: ‚Bis 2030 sicherstellen, dass alle Lernenden die notwendigen Kenntnisse und Qualifikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben…‘ (SDG 4.7 der UN-Agenda 2030). Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft im DGB schöpft daraus ihre Forderung nach einer Schule für alle: Das Gymnasium müsse zugunsten der Gemeinschaftsschule mit einem Zweig zum Abiturerwerb abgeschafft werden“ (Sozialökologisches Bündnis Plön e.V.: Flyer zur Plöner Kommunalwahl am 14.5.2023, S. 2).

Andreas Schleicher koordiniert als Bildungsdirektor die PISA-Studien der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD):

„Im Hinblick auf die Einteilung der Schülerinnen und Schüler in verschiedene Bildungs- gänge und Leistungsgruppen gibt es zwischen den Ländern erhebliche Unterschiede. Die PISA-Ergebnisse zeigen, dass keines der Länder, die eine starke Aufteilung und Gruppierung der Schüler entsprechend ihren Fähigkeiten vornehmen – sei es durch die Verteilung auf unterschiedliche Schultypen oder -zweige oder durch Klassenwiederholungen –, zu den leistungsstärksten Bildungssystemen bzw. den Systemen mit dem höchsten Anteil an besonders leistungsstarken Schülerinnen und Schülern zählt. Am besten schneiden die Bildungssysteme ab, die allen Schülerinnen und Schülern gleiche Lernmöglichkeiten bieten (…) Heute ist es nicht nur sozial ungerecht, sondern auch wirtschaftlich höchst ineffizient, Schulsysteme auf der Basis von Exklusion zu organisieren. Bildungsgerechtigkeit und Inklusion sind in einem modernen Bildungssystem und einer modernen Gesellschaft unerlässlich“ (A. Schleicher: „Weltklasse. Schule für das 21. Jahrhundert gestalten“, Paris 2019, S. 69).

Der emeritierte Erziehungswissenschaftler Prof. Hans-Günter Rolff schreibt in der GEW- Zeitschrift „Erziehung und Wissenschaft“ (Nr. 10/2019) unter Bezug-nahme auf die gegenwärtige Transformation vieler Gesellschaftsbereiche:

„Die ‚Große Transformation‘ betrifft auch die Schule. Zum Beispiel ist die sogenannte Strukturreform zu verstehen als Transformation eines mehrgliedrigen Schulsystems zu einem zweigliedrigen System. Dieses behält allerdings die Selektion bei, weshalb die Forderung nach einem Schulsystem, ‚das allen Schülerinnen und Schülern gleiche Lernmöglichkeiten bietet‘ (Schleicher), egal, ob man die Schulen Gesamt-, Gemeinschafts- oder Einheitsschule nennt, unerfüllt bleibt. Zudem ist eine durchaus ‚Große Transformation‘ des Unterrichtens und des Lernens im Gange. Davon zeugt das Reden von Learning Analytics/maschinellem Lernen, von ‚Flipped Classrooms‘ oder von der Abschaffung des Klassenraums, von selbstgesteuertem, aber auch von durch Algorithmen gesteuertem Lernen, von Individualisierung und Personalisierung. Das alles sind Chancen und zugleich Gefährdungen, auf jeden Fall sind es aber disruptive   Prozesse, die das schulische Lernen grundlegend verändern. …  Was die jetzigen Schultypen und -zweige betrifft, geht es im Übrigen gar nicht um die Abschaffung des Gymnasiums, sondern um die ‚Aufhebung‘ des Gymnasiums im Hegelschen Sinne, um das, was das Aufhebenswerte des Gymnasiums ausmacht, zum Beispiel Bildungs- orientierung und Wissenschaftspropädeutik, tatsächlich aufzuheben, das heißt für alle Schülerinnen und Schüler erwerbbar zu machen“.